…. oder ein Loblied auf Mary Frey
„Ich musste mich übergeben, aber das Gute ist, ich habe nicht auf die Einrichtung gekotzt“
So oder so ähnlich waren die Worte von Mary Frey, als sie sich nach einer Hustenattacke in ihrer Airbnb-Unterkunft übergeben musste. Und ich saß wieder einmal staunend da: „Ok, selbst das schafft sie noch zu reframen!“
Aber nun alles von Anfang an:
Als ich vor circa einem Jahr das Skript Lungenerkankungen gelernt habe, habe ich mir YouTube Videos über die verschiedenen Erkrankungen angesehen um sie mir besser merken zu können. Die deutsche Suche brachte nicht den gewünschten Erfolg. Ich beschloss nach „Cystic Fibrosis“ dem englischen Begriff für Mukoviszidose zu suchen.
Schnell gelang ich zu einem Vlog (Videotagebuch) der mich seitdem täglich begleitet. Es ist der Vlog von Mary, ihrem Mann Peter und ihrem Servicedog Ollie, die in der USA leben und ihren Alltag und somit das Leben mit Mukoviszidose filmen.
Mukoviszidose ist eine schwere angeborene Stoffwechselstörung die nicht nur die Lunge betrifft. Auch die Leber, die Bauchspeicheldrüse und der Darm sind betroffen. Mary ist etwa in meinem Alter und hat nur noch eine geringe Lungenfunktion. Die Lebenserwartung Mukoviszidiose-Erkrankter ist deutlich eingeschränkt und liegt bei circa 40 Jahren. Nun aber erst mal genug zur Krankheit. Weitere Informationen zu dieser Krankheit findet ihr hier.
Wieso guckt man sich nun jeden Tag den Alltag eines schwer kranken Menschen an?
Das fragte sich auch mein Mann, als ich ihm den Vlog vorstellte. „Ist das labil“ waren seine ersten Worte, als er gerade ein paar wenige Sekunden gesehen hatte. Mary war am Husten und schleppte sich irgendwie ins Auto um mit ihrem Mann ins Krankenhaus zu kommen. Doch schon schnell flog der Zauber auch auf ihn über, und er merkte, dass der Vlog alles andere als „labil“ ist.
Wegen der Mukoviszidiose habe ich eingeschaltet, aber wegen Mary und Peter bin ich geblieben.
Mary und auch ihr Mann Peter haben eine wunderbare, lebensfrohe und lebensbejahende Ausstrahlung, die sich auch in einer riesigen Dankbarkeit zeigt.
Liegt Mary wieder einmal tagelang im Krankenhaus so spricht sie in die Kamera „Ich bin so dankbar für meine Ärzte und für all die medizinische Versorgung die ich bekomme.“ Liegt sie schmerzgeplagt in ihrem Bett, so sieht sie aus dem Fenster und sagt: „Der Himmel ist so wunderbar, ich bin froh ihn auch von hier drinnen sehen zu können.“
Schafft sie es eine Stunde lang Hausarbeit zu machen, freut sie sich über diesen großen Erfolg. Wenn es ihr am nächsten Tag schlecht geht dankt sie Gott dafür, dass sie den gestrigen, besseren Tag genutzt hat.
Kurz gesagt: Mary hat das Reframen auf ein ganz neues Level gebracht!
Ich war so positiv beeindruckt von dieser Sichtweise der Welt, dass ich schnell angefangen habe mich zu fragen „Was würde Mary jetzt dazu sagen?“ wenn es mir schlecht ging oder es gerade eine Schwierigkeit gab.
„Don’t forget to laugh every day“
Dieses Motto haben sich Mary und Peter auf die Fahne geschrieben. Trotz aller Schwierigkeiten leben sie genau das auch fast täglich.
In ihrem Vlog leben Mary und Peter genau das, was ich in der Ausbildung zur Lebensberatung theoretisch gelernt habe. Sie reframen, sind achtsam, legen ihre Scheinwerfer auf die positiven Aspekte des Lebens uns sie aktivieren ihre Ressourcen. Nun erwarten vielleicht einige von euch eine gut gelaunte, Happy-Youtuberin wie es tausende in Deutschland gibt, aber genau das ist sie nicht.
Mary ist nicht aufgesetzt und zeigt auch wenn es ihr schlecht geht. Sie filmt den realen Alltag ihrer Krankheit. Und dazu gehören auch etliche Krankenhausbesuche, stundenlange tägliche Therapie, Mengen an Tabletten die sie täglich schlucken muss, ständige Hustenanfälle, schnelle Erschöpfung, mangelnder Appetit, die Frage nach einer Lungentransplantation oder ihr ständig auf und absteigender Blutzuckerspiegel.
So schaffen die beide den Spagat zwischen dem Leben mit der Krankheit und dem genießen des Augenblicks wunderbar. Damit sind Sie auch ein Vorbild für andere chronisch Erkrankte, die sich zuhauf in den Kommentaren unter ihren Videos befinden und bedanken.
Dankbar für Alles
Als Mary an diesem Freitag ihren Mann Peter, der Pfarrer ist, nicht live in der Kirche bei seiner Predigt ansehen kann, sitzt sie weinend auf ihrem Bett. Ich möchte am liebsten mit weinen, weil ich denke: „Oh Nein, sie wäre doch so gerne dabei gewesen.“ doch sie weint und sagt: „Ich bin so dankbar für die Technik. Wir haben es geschafft, dass ich die Predigt vom PC aus sehen kann. Auch wenn ich traurig bin, dass ich nicht bei Peter bin, bin ich so dankbar für diese Möglichkeit.“
Mary und Peter sehen nichts als selbstverständlich an. Sie freuen sich über alles was ihr Leben irgendwie leichter macht. Sei es ihr Service-Dog Oli, die Möglichkeit Lebensmittel im Internet zu bestellen oder all ihre Abonennten die es ihnen ermöglichen so viel Zeit miteinander zu verbringen. Denn dank der wachsenden Bekanntheit, verdienen die beiden inzwischen auch mit Youtube Geld. Zusammen mit Peters Halbtagsjob und den Einnahmen aus ihrem eigenen Online-Shop können sie davon leben.
Vor so viel positiver Lebenseinstellung kann ich mich nur verneigen. Ich empfehle jedem von euch einen Blick in ihren Vlog zu werfen, vielleicht verändert er auch euer Leben. Also wer es nicht bereits getan hat: hier klicken!
Tipp:
Da Mary und Peter in den USA leben, sind die Videos natürlich auf Englisch. Ich finde sie sind auch mit mittelprächtigen Englischkenntnissen gut zu verstehen. Bei älteren Videos hilft zusätzlich der englische Untertitel den ihr bei YouTube aktivieren könnt.
Anmerkung: Die Zitate sind nicht wortwörtlich sondern kommen aus meinem Gedächtnisprotokoll. Zum besseren Verständnis habe ich sie auf deutsch übersetzt.