… oder DVD statt Netflix, Pi mal Daumen statt Chefkoch und Kartenspiele statt Handyzocken
Der erste Tag hat begonnen. Am Morgen schreibe ich eine letzte WhatsApp-Nachricht an meine Freunde und Familie.
„Ich bin für eine Woche nicht mehr zu erreichen, da ich Digital Detox mache. Wenn ihr trotzdem mit mir reden wollt, könnt ihr eine Mail schreiben oder ganz Old School bei mir zu Hause anrufen, zumindest bis Mittwoch, dann bin ich erst einmal im Urlaub“
So oder so ähnlich war der Text, da das Handy ausgeschaltet im Nachttisch liegt, kann ich es nicht mehr exakt wieder geben. Natürlich habe ich noch meine Mailadresse und die Telefonnummer meines Festnetzanschlusses hinzugefügt. Daten die in Zeiten von WhatsApp und Smartphone kaum noch einer voneinander kennt. Mein Mann lacht: „Wieso schreibst du so einen Roman? Sag einfach du bist weg und dann ist gut.“
Ja wieso eigentlich so ein Roman? Vielleicht ist es die Angst das meine Freunde denken ich wollte nichts mehr mit ihnen zu tun haben, nur weil ich eine Woche mein Handy abschalte?
Die ersten Stunden ohne Smartphone
Ich schalte das Handy ab, ehe jemand antworten kann. Ich bin nervös. „Mich werden alle hassen“ sage ich zu meinem Mann und sitze mit schlechtem Gefühl am Frühstückstisch. „Keiner hasst dich.“ antwortet er.
Beim Frühstücken hören wir Radio. Scheinbar findet ein Eishockeyspiel in der Neuwieder Eishalle statt. Da uns Eishockey bei den Olympischen Spielen so gut gefallen hat, würden wir auch gerne mal ein Spiel live sehen. „Ob es da noch Tickets gibt, um wie viel Uhr ist es überhaupt?“ „Keine Ahnung“ antwortet mein Mann. Ich muss dazu sagen, dass mein Mann nicht beim Digital Detox mitmacht, und so mein letzter Notnagel ist.
„Google doch mal“ sage ich und schaue ihn mit großen Augen an. Er lässt sich nicht lange bitten. Das Spiel ist erst am Abend und Karten gibt es wohl nur vor Ort.
Wir entscheiden uns erst einmal dagegen. Angestrengt überlege ich wie man an diese Information früher heran gekommen wäre. Ich habe keine Ahnung.
Eine Reise in die analoge Vergangenheit
Doch zum Glück kenne ich ja noch Menschen die keine Digital Natives sind, also rufe ich meine Eltern an. „Mama, wie hat man früher raus gefunden wann ein Eishockey-Spiel ist und wo es Karten gibt?“ „Na das stand alles in der Zeitung.“ Aha. Zeitung, da wäre ich jetzt auch nicht wirklich drauf gekommen. Ich befrage auch meinen Papa. „Naja zur Not hat man die Auskunft angerufen, die haben dann in Telefonbüchern nachgeschlagen und hätten dir dann die Nummer der Eishockeyhalle gegeben.“
Telefonbücher… Auch so etwas, das es in unserem Haushalt seit Jahren nicht mehr gibt.
Nach dem Frühstück sehe ich im VIDEOTEXT nach, wann Biathlon kommt, eine tolle Erfindung dieser Videotext. Vermutlich wird er in der nächsten Woche ein Revival erleben.
Schnell umgibt mich ein Gefühl der Langweile und ich mache die Wäsche. Zurück im Wohnzimmer möchte ich gerade sagen: „Alexa bitte erinnerte mich in 2 Stunden an die Wäsche“ als mir das A im Munde stecken bleibt. Okay stelle ich eben einen Wecker, ach nein…
Wie um Himmels Willen haben die Leute das früher gemacht??
„Schreib dir doch einen Zettel“ sagt mein Mann grinsend. Auch er hat inzwischen beschlossen sein Handy in der nächsten Woche zumindest nur noch eingeschränkt zu nutzen und beginnt plötzlich mit Arbeiten im Haushalt, die er seit Wochen aufgeschoben hatte. Der Herd wird repariert, die Ablage gemacht und der Hamsterkäfig geflickt, vielleicht sollte man öfter auf das Handy verzichten.
Pi mal Daumen statt Chefkoch, DVDs statt Netflix, Kartenspiele statt Handydaddeln
Während des Biathlons vermisse ich mein Handy gerne würde ich mit meinem Vater via Whats App mitfiebern, so ist es nur halb so spannend. Aber immerhin überhaupt eine Beschäftigung.
Das Mittagessen gelingt glücklicherweise auch ohne Chefkoch mit der Pi mal Daumen Methode ganz gut. Danach spielen mein Mann und ich Gesellschaftsspiele. Ja so etwas besitzen wir tatsächlich und bevor das Smartphone Überhand über unser Leben genommen hat, haben wir sogar regelmäßig Spiele gespielt. Schön diese alte Tradition wieder zu erwecken.
Am Abend gucke ich statt YouTube oder Netflix alte DVDs ich kenne die Serie zwar schon, aber es ist 10 Jahre her seit ich sie das letzte mal gesehen habe. Und sicher auch schon 3-4 Jahre her, dass ich überhaupt eine DVD in der Hand hatte. Bewundernd stelle ich fest, dass die Charaktere der Serie nun also technisch etwa auf dem Stand sind, auf dem ich mich nun befinde und sie trotzdem problemlos klar kommen.
Zum Einschlafen macht mein Mann glücklicherweise einen Podcast an, zwar ist es ein Thema das mich nicht interessiert, aber besser als gar nichts. Ich setze „Büchereibesuch“ ganz nach oben auf meine innere To-Do-Liste und schlafe zum Glück schnell ein.