oder… positive Sprache im Krankenhaus

2 Badeenten als Ärzte verkleidet

Es ist gerade ein paar Tage her, da hatte mein Vater einen schweren Sturz mit dem Fahrrad. Völlig in Panik und total besorgt stand ich mit meiner Mutter im Krankenhaus. Verzweifelt warteten wir auf Informationen.
Hat er schwerere Verletzungen? Was ist mit seinem Kopf? Ist es nur eine Platzwunde oder mehr? Was ist mit seinem Rücken? Sind innere Organe verletzt?

Wir begleiteten meinen Vater bei all den Gesprächen mit den Ärzten und mir wurde ein mal mehr bewusst wie stark Sprache wirkt und wie viel es bringt wenn auch die Ärzte, Krankenschwester und Pfleger ihren Blick auf das positive wenden.

Da wir in verschiedenen Krankenhäusern waren und verschiedene Stationen durchliefen, hatten wir an einem Tag sicher Kontakt zu mehr als einem Dutzend Krankenhausmitarbeitern. Man kann sie grob in zwei Gruppen einteilen:

Die Gruppe „Und Sie hatten keinen Helm auf?“

Fahrradhelm

Wie fühle ich mich wenn ich mit einer vermutlich gebrochenen Wirbelsäule und einem Schädel dessen Situation unklar ist, total geschockt im Krankenhausbett liege und mit

Sie hatten keinen Helm auf?“ begrüßt werde?

Vermutlich sind mir selbst schon hundert mal die Gedanken durch den Kopf gegangen, wieso ich ausgerechnet heute keinen Helm auf habe. Vielleicht habe ich selbst schon längst für mich beschlossen nie mehr ohne Helm zu fahren. Ich fühle mich SCHULDIG. Hätte ich einen Helm aufgehabt, wäre das nicht passiert.

Übertrieben gesagt könnte man sagen: Ich bin selbst Schuld das mir alles weh tut und habe Heilung gar nicht verdient.

Natürlich, das ist schon sehr sehr übertrieben, aber es kann bei entsprechender charakterlicher Konstitution dazu kommen. Vielleicht mach ich mir sogar Jahre später noch Vorwürfe, wie konnte ich nur so unvorsichtig sein?!

traurige Person in Fensterrahmen

Zum Glück gab es aber auch die andere Gruppe

Die Gruppe: „Sie hatten wirklich einen Schutzengel, es hätte viel schlimmer ausgehen können“

Schutzengel

Wie fühle ich mich, wenn ich das höre? Ich liege im Krankenhaus und habe schwere Verletzungen, aber ich wurde beschützt und das hat mich davor bewahrt das noch Schlimmeres passiert ist. Es war eine höhere Macht da, die auf mich aufgepasst hat.

Ich hatte großes Glück, dass das gut ging. Sicherlich beschützt der Engel mich auch noch bei der kommenden Operation. Ich bin DANKBAR dafür, dass die Situation so ist wie sie ist und nicht schlimmer. Mein Blick richtet sich auf die Dinge, die gut gegangen sind. Ich bin nicht gelähmt,  bin bei Bewusstsein und werde hier gut versorgt.

Mit diesem Gefühl der Dankbarkeit, wird es sicherlich leichter, die bevorstehenden Therapien anzunehmen und zu akzeptieren.

Comicfigur Ärztin spritzt Patient

Ich möchte damit nicht sagen, dass man keinen Helm tragen sollte, und sich auf den Schutzengel verlassen sollte, sondern darauf hinweisen, dass eine Schuldzuweisung nicht förderlich für den Heilungsprozess ist.

Ich finde es völlig legitim, nach einem Fahrradsturz den Patient zu fragen, ob er ein Helm auf hatte. Vermutlich ist es sogar medizinisch notwendig. Doch dies sollte nie vorwurfsvoll sein, denn Vorwürfe macht man sich selbst vermutlich schon genug. Im Optimalfall betont man beide Seiten der Medaille.

Dieses kleine Beispiel aus dem Leben, zeigt ein mal mehr wieso wir reframen und wieso es wichtig ist beide Seiten der Medaille zu sehen. So fügte die Ärztin die meinen Vater mit den Worten „Sie hatten wirklich einen Schutzengel“ auch noch augenzwinkernd die Worte „Das nächste mal brauchen Sie den nicht.“ hinten dran.

„Ah die doppelte Unterarmfraktur!“

Kuscheltier mit Armverletzung

Es gibt noch unzählige weitere Beispiele, für Situationen in denen der ein oder andere Krankenhausmitarbeiter noch an seiner Sprache arbeiten könnte. So erinnere ich mich daran, wie ich einst im Krankenhaus lag und mit den Worten „Ah, die doppelte Unterarmfraktur“ begrüßt wurde.

Ich BIN nicht die doppelte Unterarmfraktur, ich habe eine doppelte Unterarmfraktur, ich bin viel viel mehr als nur eine doppelte Unterarmfraktur.

Wir sind Menschen die Verletzungen oder Krankheiten haben, doch niemand möchte gerne nur darauf beschränkt werden.

Heutzutage, würde ich die Situation vermutlich reframen und mir denken „Hey immerhin weiß der gute Mann was mir fehlt, und dass obwohl er sicher jeden Tag dutzende Frakturen operiert.“ doch mit 13 war ich leider noch nicht so weit.

Erfreulicherweise habe ich damals, als ich selbst im Krankenhaus lag, auch schon positive Sprache erlebt. So wurde meine Zimmergenossin, die schwer von einem Traktor erfasst wurde glücklicherweise nicht mit „Ah der schwere Verkehrsunfall“ sondern mit „Die Frau, die ihren zweiten Geburtstag hier feiern darf“ begrüßt.

Wie ihr seht, es geht auch mit positiver Sprache. Und letztlich ist es gerade bei den Ärzten das Wichtigste, dass sie ihren Job gut beherrschen. So war ich trotz harter Ausdrucksweise doch sehr erleichtert als mir die Neurochirurgin meines Vaters mit hartem Akzent verkündete „Schädeldecke auf fräsen mache ich täglich, das ist Routine für mich.“

Praxistipp:

Notizzettel

Da es das Krankenhauspersonal scheinbar nicht immer schafft bist du gefragt. Hast du einen Bekannten, Verwandten oder was auch immer dem es momentan nicht gut geht? Mach ihm klar, dass er mehr als nur eine Krankheit ist!

Falls dir mein Beitrag gefallen hat, würde ich mich freuen wenn du ihn teilst oder ein Kommentar hinterlässt. Vielen Dank 🙂 

Von Fahrradhelmen und Schutzengeln

2 Kommentare zu „Von Fahrradhelmen und Schutzengeln

  • 26. Februar 2018 um 19:04 Uhr
    Permalink

    Es ist schön, wenn man an so einem schweren Tag, neben den Schutzengeln noch eine ruhige und kompetente Tochter an sei er Seite hat.

    Der helmlose Radfahrer (die Schädelfraktur)

    Antworten
    • 27. Februar 2018 um 13:59 Uhr
      Permalink

      Danke für das Lob lieber Glückspilz 😉

      Antworten

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