Nach dem ich mich hier schon ausgeheult habe, wie ätzend alles ist, ist es nun Zeit die Diagnose aus einem anderen Blickwinkel zu betrachten.

1. Man kann etwas machen

So hart die Diagnose auch ist, sie ist doch nicht hoffnungslos. Auch wenn wir wohl zu den schwereren Fällen gehören, gibt es Möglichkeiten: verschiedene OP-Techniken, Augentropfen, Brillen, Implantate und Co.

2. Es betrifft nur die Augen


Im schlimmsten Fall wird dein Kind blind. Klingt erst mal wie ein Schlag ins Gesicht. Fühlt sich aber nicht mehr so an, wenn man in der Kinderklinik eine Station über der Kinderkrebsstation liegt.
„Wtf, wieso jammere ich hier überhaupt rum?!“, fragte ich mich einmal, als ich mit meinem Baby auf dem Arm die zehnte Runde durchs Krankenhaus lief und mir eine andere Mutter von einer 13-Jährigen mit unheilbarer Krebsdiagnose berichtete.

3. Die Augen lassen mich nicht los


Ja, die Augen sind groß. Sie sind faszinierend, und sie lassen mich nicht los. Das Glaukom würde ich sofort abgeben – die Augen nicht. Stundenlang könnte ich in diese riesigen blauen Augen schauen, und wenn der Kleine dabei noch lacht, schmilzt mein Herz. Wie süß kann ein Mensch sein?

4. Ich feiere jeden Schritt noch mehr


Als mein Baby mit vier Monaten seine Hand entdeckte und keine zwei Wochen später (nach der ersten OP) in meine Augen blickte und mich anlachte, konnte ich mein Glück nicht fassen. Ich wusste nie, ob es überhaupt passieren würde. Kurz darauf begann er, sich immer länger auf dem Bauch zu halten, drehte sich und begann zu robben.
Mir wurde immer gesagt: „Beim zweiten Kind ist das nicht mehr so besonders wie beim ersten, warte mal ab.“ Doch für mich ist es noch einmal anders besonders.

5. Ich lerne die Welt auf eine neue Weise kennen


Wie fühlt sich ein Tomatenblatt an? Welche interessanten Geräusche macht die Waschmaschine? Wie riechen die Blumen im Nachbarsgarten? Wie fühlt sich eigentlich eine Kartoffel an – und wie eine Erdbeere?
Alles Dinge, über die ich mir früher niemals Gedanken gemacht habe – jetzt sind sie mein Alltag. Wie oft sagt man sonst zu seinem Kind: „Guck mal, ein …“? Bei uns gibt es genauso oft ein: „Hör mal, riech mal, fühl mal!“
Vor allem die große Schwester bringt uns immer wieder auf neue Ideen. Sie schleppt jegliche Naturmaterialien an und ruft: „Vielleicht will er das ja mal fühlen!“

6. Man wächst und wächst und wächst


Als mein großes Kind auf die Welt kam, dachte ich schon nach der Geburt: Ich bin in meinem Leben noch nie so über mich hinausgewachsen wie in den letzten 24 Stunden. Doch das war nur der Anfang. Ein Kind lässt dich wachsen – und vielleicht ist das auch das Beste an einem Kind.
In einer Doku wurde ein Glücksforscher gefragt, ob man mit oder ohne Kinder glücklicher ist. Er antwortete: „Den Menschen macht es glücklich, Herausforderungen zu meistern. Mit Kindern kommen die von alleine.“
Ich wuchs am Schlafmangel, an der Selbstaufgabe, an Infekten bei mir und meinem Kind und dachte eigentlich bei Kind Nummer zwei: Es kommt nicht mehr viel. Ich bin jetzt ausgewachsen.

Dann kommt dieses Kind, lässt mich Monate der Sorgen ertragen, lässt mich in der Kinderklinik über alle meine seelischen und körperlichen Grenzen hinausgehen, lässt meine Telefonphobie dahinschmelzen, damit es endlich die richtigen Ärzte und Förderungen bekommt.
Und ich denke: „Oh – wieder ein Stück größer geworden!“

Das „Beste“ am angeborenen Glaukom

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