Leben mit Glaukom-Baby

Die OP von unserem Baby ist nun etwa zwei Monate her, und so langsam stellt sich ein normales Leben ein. Naja, so normal, wie es eben sein kann, wenn die nächste OP auch schon wieder vor der Tür steht.
Zwischen Sorge und dem Leben im Hier und Jetzt
An manchen Tagen und in manchen Momenten vergesse ich, dass mein Baby anders ist – dass es weniger sieht und eine Augenkrankheit hat. Ich muss sagen, die große Schwester hilft dabei ungemein. Für sie ist er „normal“, sie kennt nichts anderes. Sie geht vollkommen unbefangen, wild und liebevoll zugleich mit ihm um. Sie erzählt mir ständig, was er Neues kann: „Er macht jetzt auch ähhhh und rrr“ oder „Er hat sich von der Matte runtergekullert“ – und eigentlich nie, was er nicht kann.
Und dann sind da diese Momente. Wenn ich ein Fotobuch für den Geburtstag der Großen mache und mich frage: Soll ich dem Kleinen auch so etwas machen? Wird er es je sehen?
Wenn ich überlege, wo ich dieses Jahr Ostereier verstecken könnte, und mich frage, ob der Kleine je Ostereier suchen wird. Dann überkommt es mich, und ich könnte einfach losheulen. Und dann sehe ich auf den Boden, sehe ein Baby, das sich gerade darüber kaputtlacht, dass es Spuckebläschen macht – und frage mich: Wieso heulen?
Aufklären oder nicht?
In anderen Situationen habe ich die Krankheit überhaupt nicht auf dem Schirm. Ich stehe mit beiden Kindern beim Bäcker, und die Große überlegt lauthals, welche Süßigkeit sie sich heute aussucht. Das Baby chillt in der Trage, und ein anderes Kind in der Bäckerei sagt: „Mama, das Baby hat ja große Augen.“
Ach ja, richtig – ich hatte es gerade vergessen. Dann schwebt immer die Frage in meinem Kopf: Aufklärung oder weglächeln? Meistens bin ich der Typ „aufklären“, einfach weil es eine so seltene Krankheit ist, dass ich mich freue, wenn irgendwo ein Mensch, der mein Baby kennengelernt hat, später einem anderen Baby hilft, früh diagnostiziert zu werden – und sein Augenlicht gerettet werden kann.
Aber manchmal will ich auch einfach nur die Frau mit dem Baby mit den großen Augen sein. Und vielleicht will mein Baby auch einfach nur das Baby mit den großen Augen sein. Und seine Schwester will in Ruhe weiter über die Süßigkeiten philosophieren – und keinen Vortrag hören, den sie eh schon auswendig kennt.