Als ich wieder halb bei mir bin, erklärt mir der Anästhesist, was passiert ist. „Sie hatten eine Lokalanästhetika-Intoxikation.“ Das bedeutet, dass das Betäubungsmittel in Gefäße gelangt ist, wo es nicht hingehört, und dadurch Kreislaufprobleme sowie den typischen metallischen Geschmack verursacht hat. „Hat das jetzt irgendwelche Folgen?“ frage ich. „Nein, wir müssen Sie nur 2 Stunden im Aufwachraum beobachten“, antwortet er beruhigend.
Ich werde also in den Aufwachraum geschoben und döse dort erst mal vor mich hin. Alles fühlt sich so irreal und anders an als bei der ersten Geburt. Ich liege hier mit unzähligen Kabeln, und das Baby ist nicht bei mir. Aber das ist in Ordnung – so, wie ich mich gerade fühle, ist es bei meinem Mann sowieso besser aufgehoben. Nach und nach komme ich wieder zu mir. Die Übelkeit verschwindet, und ich beginne, meine Beine wieder zu spüren. Noch so etwas, das mich im OP leicht panisch gemacht hat: das Gefühl, die Beine sind da, aber ich kann sie nicht bewegen. Immer wieder hatte ich den Impuls, mein linkes Bein zu bewegen, und es ging einfach nicht. Eingesperrt im eigenen Körper.
Wird es ein Schreibaby?
Jetzt kehrt alles zurück, ich kann meine Beine wieder fühlen und chille noch etwas vor mich hin. Ich erinnere mich daran, dass unser Baby im OP durchgehend geschrien hat und alle Anwesenden überrascht waren, dass es einfach nicht aufgehört hat zu weinen. Ich frage mich, ob ich jetzt ein Schreibaby habe. Das wäre die Krönung nach meinem ersten „High-Need-Baby“.
Nach etwa einer Stunde kommt mein Mann mit dem Baby in den Aufwachraum. Ich bin wieder voll bei mir und freue mich jetzt richtig, ihn zu sehen. Das Personal im Aufwachraum freut sich weniger. „Das ist hier nicht für Babys geeignet … schon wegen der Infektionsgefahr.“ Klar, hier liegen etliche Menschen, die gerade eine OP hinter sich haben, nebeneinander. „Kein Problem“, sage ich, denn ich will keinen Stress mit dem Krankenhaus. In einer Stunde komme ich ja sowieso zu den beiden. Mein Mann steckt mir nur illegal das Handy zu und geht mit dem Baby wieder in den Kreißsaal.
Ich tippe auf meinem Handy herum und sehe schon tausende Nachrichten von Freunden, die fragen, ob das Baby da ist. Tja, das ist der Nachteil an einem Kaiserschnitt: Alle wissen, wann er stattfindet, und man kann niemanden mehr richtig überraschen. Mein Mann schickt Bilder vom Baby und die wichtigsten Eckdaten. Auch ein Video, in dem das Baby schreit – das macht mir ja Hoffnung – und die Worte: „So, die erste Flasche hat er getrunken.“ Ich überlege kurz, ob ich mich aufregen soll, schließlich will ich ja stillen – oh je, die Saugverwirrung! Er wird nie mehr an die Brust wollen!!!
Scheiss auf Saugverwirrung
Doch dann erinnere ich mich daran, dass ich mich dieses Mal nicht von der Angst vor Saugverwirrung und ähnlichem beeindrucken lassen wollte. Ich will kein einziges Mal ein schlechtes Gewissen haben, wenn das Stillen nicht klappt. Beim ersten Kind habe ich viel zu viele Tränen vergossen, anstatt die Zeit mit meinem Baby zu genießen. Es kommt, wie es kommt – entweder wird es ein Flaschenkind oder ein Stillkind. Hauptsache, es ist endlich aus meinem Bauch raus.