Nun wird es also ernst. Ich bin froh, dass es nicht meine erste OP im Leben ist, denn sonst wäre ich sicher noch viel nervöser. „Sie müssen sich jetzt von Ihrem Mann verabschieden, wir sehen uns im OP wieder“, sagt die Hebamme. Noch ein letzter Kuss. Jetzt wird es ernst. Kaum ist mein Mann weg, steigt die Anspannung. Ich fühle mich allein und all dem, was jetzt passiert, ausgeliefert. „Ich vertraue den Ärzten“, sage ich mir immer wieder und konzentriere mich darauf, einfach zu tun, was sie sagen, und alles um mich herum auszublenden.

Die Spinalanästhesie killt mein Gehirn

Irgendwie habe ich den Fakt, dass man bei der ganzen OP bei vollem Bewusstsein ist, bisher ausgeblendet. Die anderen OPs habe ich schön schlummernd verbracht, sodass ich von der Anwesenheit der gefühlt 1000 Menschen im OP nie etwas mitbekommen habe. Hier ist die Bude voll. „So, dann einmal hinsetzen für die Spinalanästhesie.“ Ich setze mich hin, fokussiere mich weiter auf mich selbst und versuche, alles um mich auszublenden. Es dauert lange, bis der Anästhesist das erste Mal die Spinale setzt. Ein heftiger Schmerz zieht durch meinen Rücken. „Aua!“ rufe ich. „Wo zieht es hin?“ fragt er leicht panisch. „Nach links unten.“ Irgendetwas scheint nicht zu stimmen, denn von der Betäubung merke ich nichts. Es vergehen noch ein bis zwei weitere Versuche, ehe die Anästhesie sitzt, und ich merke, wie meine Beine erst heiß und dann taub werden.

Es ist total verrückt: Man weiß, dass die Beine noch da sind, kann sie aber nicht mehr bewegen. Meine Freundin hatte mich schon darauf vorbereitet, dass es mehr als creepy ist. Ich habe das starke Bedürfnis, mein linkes Bein zu bewegen, doch egal, wie sehr der Kopf sich anstrengt, es geht einfach nicht. Ich frage mich, ob sich so Menschen mit einer Lähmung fühlen. Der Fakt, die Beine nicht bewegen zu können, killt mein Gehirn. Immer wieder konzentriere ich mich auf meine Arme, denn die kann ich ja noch bewegen. Noch.

Ich soll mich hinlegen und bekomme die Arme festgeschnallt. Unmittelbar danach setzt eine mir noch nie bekannte Übelkeit ein. „Mir ist schlecht, so schlecht“, rufe ich. Toll, ich kann meine Beine nicht bewegen, meine Arme sind festgeschnallt und ich will nur kotzen. Die obere Seite des OP-Tischs wird zur Seite gekippt, vermutlich damit ich nicht aspiriere, falls ich mich übergeben muss. Der Anästhesist verabreicht mir eine Ampulle nach der anderen in die Vene, bis die Übelkeit plötzlich stark abnimmt. Puh! Was für eine Erleichterung.

Währenddessen wurde ich untenrum mit einem Katheter versorgt. Ich muss sagen, ein Katheter mit Spinalanästhesie ist eindeutig besser als ohne! Nun kommt auch mein Mann rein. Gott sei Dank. Ich halte seine Hand und mir geht es sofort besser. Jetzt wird mir also der Bauch aufgeschnitten. Ich habe etwas Angst vor dem „Drücken und Ruckeln“, das mir andere Kaiserschnitt-Mamas als sehr unangenehm beschrieben haben.

Alles schmeckt nach Metall

Plötzlich habe ich einen seltsamen Geschmack im Mund. Keine Ahnung, ob das normal ist. „Ich habe einen komischen Geschmack im Mund“, sage ich. Schließlich wurde mir bei der Aufklärung gesagt, ich solle alles mitteilen, was mir seltsam vorkommt. „Wonach schmeckt es?“ fragt der Anästhesist ganz aufgeregt. Ich brauche gar nicht lange zu überlegen, es ist eindeutig: „Nach Metall.“ Scheinbar war das nicht die Antwort, die er hören wollte. Irgendwie breitet sich leichte Panik an meinem Kopfende aus. Ich frage mich, was so schlimm daran sein kann, einen Metallgeschmack im Mund zu haben. Ich höre, wie der Anästhesist telefoniert: „Frau Dötsch hat einen metallischen Geschmack im Mund.“ Danach kommen noch mehr Ärzte. Jetzt rast auch noch mein Herz, es stolpert und pocht ganz schnell. Auch das sage ich, und es hört schnell wieder auf.

Das Baby ist da!

Irgendwann zwischen dem ganzen Chaos mit dem Geschmack ruckelt es, und ich höre ein Baby schreien. Er ist da!! denke ich. Sehen kann ich ihn aber nicht. Er schreit und schreit und schreit. Mein Mann geht kurz zum Baby und kommt dann mit ihm wieder und hält ihn mir vors Gesicht. Ich gebe ihm einen Kuss auf den Kopf. Irgendjemand macht ein Foto von uns. Dann wollen sie mir das Baby auf die Brust legen, eingewickelt in 100 Tücher, weil der OP so kalt ist. Ich merke, wie mir wieder übel wird. Zwischen all dem fragt der Anästhesist immer wieder, ob der komische Geschmack weg ist. Nein, ist er nicht.

Geht bitte einfach alle weg

Mir wird alles zu viel, ich bin plötzlich total müde und erschöpft, will nur noch die Augen schließen und schlafen. „Nimm das Kind mit“, sage ich zu meinem Mann und der Hebamme und fühle mich erst mal schlecht damit. Es ist doch mein Kind, und ich schicke es direkt nach der Geburt weg.

„Wir gehen hoch in den Kreißsaal, bis später!“ Ich bin so froh. Alle sind weg. Ich kann einfach die Augen schließen und den Rest über mich ergehen lassen.

Kaiserschnitt – Geburtsbericht Tei 2

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