Sommer 2021
Ich stehe mit dem seit nun mehr 40 Minuten schreienden Kind vor dem Fenster und juckele es auf dem Arm auf und ab. Wenn sie mir doch nur sagen könnte, was sie hat, denke ich und versuche verzweifelt immer wieder die babytypischen magischen 3: Müde, Hunger, Windel voll. Bringt alles nichts. Ich sehe sie an. Inzwischen selbst Tränen in den Augen: Was hast du Kind? Was???
Sommer 2023
Nun ist das Kind 2,5 und kann sich im Prinzip so weit artikulieren, dass ich die Bedürfnisse klar erkenne. Es schreit fröhlich: Essen, Wasser, Kaka, Heia, Spiele, Raus, Papa und man müsse meinen jetzt wirds einfacher. Schließlich kann man ja jetzt auf die Bedürfnisse viel leichter eingehen und das Kind ganz liebevoll und bedürfnisorientiert erziehen.
Nun ja. Mein Kind steht inzwischen seit 1,5 Stunden im 5 Minuten Takt vor mir und ruft verzweifelt: „Heiaaaaaa“ im etwa selben Takt, lege ich mich mit ihr hin und gucke ein Buch. Immer mit dem selben Ende: Sie springt über mich, macht Lichter an und aus oder holt einfach nur ein Buch nach dem nächsten. Am Ende führt das ganze zu nichts. Klar ich habe auch schon den Schaukelstuhl, Vorsingen etc durch. Keine Ahnung was jetzt das Problem ist …
Eine halbe Stunde später:
Das Kind hat immer noch nicht geschlafen, ließ sich aber zu meinem Estaunen durch eine Handpuppe dazu motivieren voller Freude die komplette Wohnung aufzuräumen und ist gut gelaunt. Dann skippen wir eben das Schläfchen, denke ich mir und freue mich über meine tolle Idee mit der Puppe. In einer viertel Stunde wollen Oma und Opa einen Ausflug mit ihr machen. So wie jeden Mittwoch seit fast einem Jahr. Jeden Mittwoch steht sie freudig am Fenster und rennt den beiden in die Arme.
Angst vor Oma und Opa . . . oder doch nicht?!
Heute ruft sie mir „Angst“ entgegen. Erklärt mir, dass sie zu hause bleiben wird und auf gar keinen Fall mit fahren wird. Gut dann eben nicht. Da es die letzten Tage immer wieder ähnliche Situationen gab bleibe ich gelassen. „Dann schickst du die Oma nach Hause, wenn sie kommt, und bleibst mit Mama heute Mittag zu Hause.“ Sie stimmt dem Plan zu und weint weiter. Warum auch immer. Eigentlich hat sich das Problem ja jetzt gelöst. Die Müdigkeit kommt vielleicht dazu, ist aber nicht der ausschlaggebende Grund.
Nach 10 Minuten weinen und schreien frage ich sie, ob wir mal am Fenster gucken wollen ob Oma kommt. Sie rennt freudig zum Fenster und ruft: „Omaaaa““ Kaum ist Oma da, hat sie auch schon ihre Schuhe an und stürmt die Treppe runter…
Und mal wieder stehe ich nur schulterzuckend da. Im Prinzip bin ich auch nicht schlauer als vor 2 Jahren.