„Kannst du nicht mal 10 Minuten alleine spielen?“, rufe ich meinem Kind genervt entgegen. Wie hirnrissig der Kommentar ist, fällt mir in dem Moment auch ein. Welches zweijährige Kind weiß was 10 Minuten sind? Eigentlich habe ich jeden Tag das Gefühl, ich werde wahnsinnig! Während andere Kinder puzzlen, Duplosteine stapeln oder wenigstens ruhig vor dem TV sitzen, hält mein Wirbelwind von all dem überhaupt nichts. Langweilig. Alles ist langweilig. Mit Mama sind die Sachen zumindest 3 Minuten interessant, ehe sie dann auch langweilig sind und etwas Neues gemacht werden muss. Natürlich mit Mama. „Ich will doch nur schnell die Küche sauber machen“, flehe ich mein Kind an. Entsetzt schaut sie mich an, sie will mitmachen. Eins muss man ihr lassen, sie ist immer motiviert zu helfen und findet es eigentlich das tollste den ganzen Tag Hausarbeit mit Mama zu machen. Sie ist empört , wenn ich ohne sie einen Boden wischen oder die Wäsche in die Waschmaschine werfen will. Also macht sie mit. Immer und überall.

Wer schon einmal versucht hat mit einer zweijährigen den Boden zu putzen, kann sich meinen Adrenalinspiegel am Tag vorstellen. Fällt der Putzeimer diesmal um, wenn sie ihn unter Einsatz all ihrer Kräfte von einem Raum zum anderen schiebt? Ist es wirklich schlau mit einem Feuchttuch die Fenster zu putzen? Sorgt ihr hochmotiviertes „Sand aufkehren“ nicht eher für noch mehr Sand in der ganzen Wohnung?

Sie ist wie ich . . .

Während ich mir also rund um die Uhr überlege, wie ich sie mit in den Haushalt einbeziehe merke ich Tag für Tag wie sehr sie mir ähnelt. Wie gut erinnere ich mich an endlos langweilige Tage an denen ich nur einen Satz kannte: „Mamaaaaa mir ist langweilig!!!“ und an die immer wieder gleichen Antworten meiner Mama: „Es kommt doch Biene Maja im Tv“ oder „Geh doch mit den anderen Kindern im Wald spielen!“. Wald? Was soll ich im Wald? Da gibt es nur langweilige Bäume und Blätter. Fasziniert beobachtete ich meine Freundinnen, die über eine Stunde vor dem Fernsehen sitzen konnten, ohne sich zu Tode zu langweilen. Sie verschlangen ein Disney Film nach dem anderen, während ich mich schon nach 10 Minuten fragte, wieso ich meine Lebenszeit damit verschwende sollte. In der Zeit könnte man doch viel besser noch einmal 100 Saltos von der Kommode aufs Bett zu machen.

Meine Eltern kamen mir vor wie die langweiligsten Dauer-Chiller überhaupt. Sie schienen ein ständiges Ruhebedürfnis zu haben. „Der Papa möchte nur mal 15 Minuten in der Zeitung lesen, bitte geh doch so lange mal in dein Zimmer.“ Im Prinzip waren sie für mich scheintot. Lagen immer nur auf der Couch und haben „geruht.“ Nun fürchte ich meine Tochter denkt genauso von mir. Während ich mich früher fragte wie man sich freiwillig 15 Minuten auf eine Couch legen und sich nicht bewegen kann, sind nun 15 Minuten regungsloses auf der Couch liegen die höchste Form des Entspannens.

Jetzt verstehe ich meine Eltern

Tag für Tag fragte ich mich als Kind, von, was sich meiner Eltern überhaupt erholen müssen. Die schlagen doch keine 100 Saltos in 10 Minuten, sondern machen sowieso alles im Schneckentempo. Wenn mich eins meine Mutterschaft gelehrt hat dann pure Dankbarkeit und purer Respekt an meine Eltern. Denn jetzt weiß ich von was man sich als Mama erholen muss: Von schlaflosen Nächten, von gelangweilten Kindern, vom Mental Load, vom Haushalt, vom Sorgen machen, von „Alters-Wehwehchen“ vom ganzen Leben. Während sich meine Tochter voller Freude in jeden neuen Tag stürzt und nicht genug vom Leben, Turnen, Rennen, Entdecken bekommen kann bin ich nun die, die auf der Couch liegt und um 10 Minuten bettelt.

„Nur 10 Minuten Ruhe“

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