Vor ein paar Tagen war es so weit, unsere Tochter wurde zwei Jahre alt. Wie vermutlich jede Mutter, hatte ich so meine Vorstellung, wie der Tag ablaufen könnte. Gebrainwasht durch social media sah ich sie vor mir: Lauter strahlender Kindergesichter, die mit Geburtstagskrone auf dem Kopf und Riesenluftballon am Hochstuhl glücklich ihre Geschenke auspacken und ihre Geburtstagstorte zermatschen. Nun ja es ist Zeit für mehr Realität im Netz, daher hier mein ehrlicher Geburtstagsbericht.
Wie ich mir den Geburtstag vorgestellt habe:
Die Sonne scheint, mein gut gelauntes Kind steht wie fast jeden morgen motiviert und glücklich auf. Sie rennt in die Küche, wo sie strahlend ihre Geschenke in Empfang nimmt. Mein Mann und ich singen ein Ständchen und liegen uns mit Tränen in den Augen vor Freude in den Armen. Nachdem sie ein Stück Geburtstagskuchen vertilgt hat, spielen wir mit ihren Geschenken, an denen sie super viel Spaß hat. Dann gehen wir mit ihren Freunden auf den Spielplatz. Die anderen Kinder beklatschen und besingen sie und sie hat eine super Zeit. Nach einer Ruhepause zuhause, kommt die Familie. Das Laufrad von Oma und Opa wird direkt getestet, bei strahlendem Sonnenschein auf der Straße. Danach freut sie sich über ihr Lieblingsessen: Siedewürstchen und Käsewürfel. Am Abend geht sie voll gefuttert und glücklich ins Bett und wird noch tagelang von ihrem Geburtstag schwärmen.
Der Geburtstag, wie er wirklich war:
Am morgen erwacht ein weinendes Kind. Kein Wunder plagt sie doch schon seit Tagen Nacht für Nacht ein starker Husten. Sie will aufstehen und getragen werden, da sie zu müde zum laufen ist. Wir gehen mit ihr ins Wohnzimmer und hoffen, die Geschenke und der Kuchen heitern sie auf. Lustlos reißt sie das Papier ab. Nur ein bisschen dann hört sie auf. Es ist ihr egal, was in dem Geschenk drin ist. Sie schiebt es zur Seite und piddelt am nächsten Papier. Wir helfen ihr auszupacken doch es ist ihr alles völlig egal. Ich hole den Kuchen, auch der kann sie nicht aufheitern. Sie stochert den Puderzucker ab und läuft weg vom Geburtstagstisch. Draußen regnet es in Strömen. Der Spielplatzbesuch mit ihren Freunden fällt aus – zum Glück haben wir ihr mit Blick auf die Wetterprognose erst gar keine Hoffnung gemacht. Der Tag zieht sich dahin. Sie hat auf nichts Lust, hustet, schnupft ist niedergeschlagen. Das Laufrad von Oma und Opa wird zurück in die Ecke gestellt. Jeder der ihr gratuliert wird genervt angeblickt. Eigentlich hat sie den ganzen Tag über nicht gelacht. Der Besuch am Mittag lenkt sie ein wenig ab. Zum Essen können wir sie nicht überreden. Nach einem halben Würstchen ist Schluss. Abends geht sie geknickt ins Bett, so einen schlechten Tag hatte sie schon lange nicht mehr . . .