Bevor unsere Tochter zur Welt kam, fragte ich meinen Mann wovor er am meisten Angst hätte. Während es bei mir die Geburt, das Stillen und überhaupt alles rund ums Baby war, antwortete er nur: Schlafmangel! Er war schon immer derjenige von uns, dem es schlechter ging wenn er mal eine Nacht nicht oder schlecht geschlafen hatte, und auch der, der offensichtlich einfach zu jeder Tageszeit auf der Couch einpennen konnte wenn er müde war.

Am Anfang lief alles gut

Das Baby kam und wir waren erst einmal überrascht, dass der Schlafmangel in den ersten Wochen und Monaten unser geringstes Problem war. Die Maus war nachts 2-3 mal wach zum stillen bzw. für die Flasche wach und schlief ansonsten ruhig und entspannt. Erst schlief sie zwischen uns und dann im eigenen Bett . Als sie 3 Monate war schlief sie durch und wir fragten uns, was die anderen Eltern alle für Probleme hatten. Wieso waren die alle immer müde?

1-2 Wochen lang hatten wir ein ausgeschlafenes Leben, ehe das Zahnen los ging. Von da an gab es keine einzige durchgeschlafene Nacht mehr. Es gab auch eigentlich keine Nacht mehr, in der wir nicht mindestens drei mal geweckt wurden. Irgendwann wurde es immer schlimmer. Inzwischen war es auch egal wo sie schlief. Bei uns im Bett, im Bett neben unserem oder im eigenen Zimmer. Sie war wahlweise 5-10 mal pro Nacht oder 1-2 Stunden am Stück aber dafür nur 2 mal die Nacht wach. Und so geht es im Prinzip bis heute.

Folgen des Schlafmangels

Und nun sitze ich hier und merke 13 Monate nach der letzten guten Nacht, was Schlafmangel mit meinem Körper und meinem Geist macht. Ich bin im Prinzip immer müde. Mein Immunsystem ist schwach. Ich habe ständig Heißhunger auf Süßes, da mein Körper scheinbar irgendwie versucht an Energie zu kommen. Mein Reizdarm ist so schlimm wie seit 2 Jahren nicht mehr und übel ist mir auch ständig. Aber das Schlimmste ist, ich bin viel schneller genervt und wütend als früher. Ich gebe alles um eine gute liebevolle Mama zu sein, die nicht mit ihrem Kind schreit sondern auf Augenhöhe geht und in Verbindung ist, doch an manchen Tagen breche ich heulend vor meinem Kind zusammen. Weil ich einfach am Ende bin. Weil mir der Schlaf fehlt, weil ich ein schlechtes Gewissen habe weil ich ungerecht zu ihr war, weil ich mich am liebsten für eine Woche ins Bett legen und niemand mehr sehen wollen würde.

Ich habe ja noch das rießige Glück, Eltern zu haben, die mir die Kleine tagsüber jederzeit abnehmen, wenn ich nicht mehr kann. Ich weiß nicht wie ich die ständige Müdigkeit und Erschöpfung sonst durchhalten würde. Nun beherrsche ich leider nicht die wundervolle Fähigkeit meines Mannes, einfach zu schlafen sobald mir jemand das Kind abnimmt. Ich bin schon froh, wenn ich es schaffe mich auf die Couch zu legen und zu ruhen, anstatt das Chaos im Haus zu beseitigen. „Das Kind hat mehr von einer ausgeruhten Mama als von einer glänzenden Wohnung“, dass sage ich mir wie ein Mantra, während ich mit schweren Knochen vor dem TV liege und die Beerdigung der Queen anschaue. Selbst der Dudelsackspieler der, der Queen ein letztes Schlaflied dudelt, schafft es nicht mich einzuschläfern.

Wunderbare Nächte

Hin und wieder gibt es sie dann doch mal. Die wunderbaren Nächte in denen unser Kind nur 2-3 mal wach ist und wir morgens aufwachen und uns fragen, was wir anders gemacht haben oder wieso sie ausgerechnet diese Nacht so gut geschlafen hat. Doch statt sich nun frisch und munter zu fühlen, fühlt man sich dann plötzlich wie gelähmt. Gelähmt weil der Körper seit Tagen oder Wochen das erste mal in die tiefe Entspannung gekommen ist. Gelähmt weil man am liebsten noch weiter in diesem Gefühl verharren würde. Doch statt dessen beginnt der Tag natürlich um 7 Uhr mit einem quietschfidelen Kind, das schon längst aus dem Bett gesprungen ist und nur darauf wartet, dass man ihm endlich den Schlafsack auszieht und es seiner ewigen nicht enden wollenden Energie freien Lauf lassen kann.

Ich habe inzwischen alle Foren zum Thema Schlaf durchstöbert – in der Zeit hätte ich mal lieber geschlafen – denn gebracht hat es alles nichts. Wir haben versucht uns abzuwechseln, was dazu führte dass mein Mann auf der Couch Rückenschmerzen bekam und ich dort nicht schlafen konnte, weil ich wusste dass ich jetzt unbedingt Schlafen müsste, um die nächste Nacht und den nächsten Tag zu schaffen.

Ich hätte nie gedacht, dass sich das Thema Schlafen noch so lange hinzieht. Habe mir eingeredet, dass ein Kind mit einem Jahr bestimmt durch schläft, doch Pustekuchen – kein Ende in Sicht.

Ich fühle mit Wolke Hegenbarth

Vor ein paar Tagen habe ich ein Interview mit Wolke Hegenbarth gesehen, die von ihrem ersten Jahr mit Kind und dem damit verbundenen Schlafmangel berichtet. Bei ihr scheint es noch schlimmer als bei uns gewesen zu sein. Ich sitze trotzdem bei vielen ihrer Sätze nur Kopf nickend vor dem Bildschirm. Sie berichtet wie sie jetzt die Zeit mit Kind genießt, jetzt wo sie wieder schläft. Und sie erzählt, dass es ein Jahr gedauert hat, bis sie sich vom Schlafmangel erholt hat. Ich bin gespannt wann es hier soweit ist, und wann wir endlich wieder schlafen dürfen.

Das ganze Interview mit Wolke Hegebarth findet ihr hier

Schlafmangel

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