Es ist 20:30 und mein Kind denkt noch nicht daran ins Bett zu gehen. Wieso auch. Eine Stunde Mittagsschlaf vor 8 Stunden reichen doch um genug Energie zu haben auch jetzt noch fröhlich seine Runden mit dem Laufwagen zu ziehen. Ich warte sehnlich auf die eine Stunde Ruhe am Abend, auf die mein Leben zusammen geschrumpft ist. Nein, so ist es natürlich nicht, aber so fühlt es sich doch immer mal wieder an. Die Stunde wenn das Kind im Bett ist, die Wohnung aufgeräumt und die Last des Tages von mir fällt. Wenn die Verantwortung weg ist, wenn ich machen kann was ICH will, und nicht was mein Kind will. Die Stunde die sich jeden Abend nach: „Mach den Sekt auf, das Kind ist im Bett“- anfühlt, weil der Tag so furchtbar lang und anstrengend war.
Ich weiß, dass mein Leben um unendlich viel reicher geworden ist. Ich bewege mich mehr, ich lache mehr, ich gebe den ganzen Tag so viel Liebe, wie ich kann und bekomme Unmengen zurück. Ich werde jeden Morgen mit einem Strahlen begrüßt. Begrüßt von einem Kind, dass nachts 5-10 mal wach war und um halb 7 trotzdem ausgeschlafen genug ist um im Takt von „Stups der kleine Osterhase“ hin und her zu wippen, nur um 5 Minuten später einen Heulanfall zu bekommen weil es Hunger hat und nicht essen möchte, weil ihm die Zähne weh tun.
Wie lange kann ein Tag sein?
Nach einem Tag mit einem maximal 1,5-stündigen (meist eher 50 minütigen) Mittagsschlaf der sich von morgens 7 bis abends 9 zieht und an dem es keine Me-Time, kein Netflix, kein Chillen, kein „in Ruhe Essen“, „In Ruhe kochen“ Oder irgendetwas in Ruhe-machen gab, bin ich einfach nur noch durch. Mein Mann, der mir die Maus ab halb 5 immer wieder abnimmt, genauso. Ich liege auf der Couch und komme erstmals zum durchatmen. Der Stress fällt ab. Ich frage mich ob das nun mein Leben ist.
Nicht genug?
Wo bin ich geblieben? Meine Hobbys, das stundenlange telefonieren mit meinen Freundinnen, Podcasts hören, Netflix gucken – weg einfach weg. Selbst nach einem Jahr kann ich mich mit dem Zustand noch nicht abfinden. Ich fühle mich schlecht meinen Freundinnen gegenüber, für dich ich kaum noch Zeit habe, meinem Mann gegenüber weil ich abends nur noch Ruhe haben will, meinem Kind gegenüber weil es so positiv und energievoll ist und ich ihm das nicht zurückgeben kann, mir selbst gegenüber weil ich immer wieder über meine körperlichen Grenzen gehe. Weil ich mir wieder nur Essen reingestopft habe, weil ich mich nicht hinlegen kann wenn ich es brauche, weil ich das Gefühl habe niemandem genug zu sein.
Ich fühle mich schlecht weil sich viele, viele Frauen Kinder wünschen und keine haben und ich vermutlich einfach auf hohem Niveau jammere. Ich habe ein glückliches gesundes Kind, doch trotzdem vermisse ich mein Altes-Ich, vor allem an denen Tag an dem es nicht einmal abends um halb 9 tun kann was es will.