Ich sitze mit meinem Mann vor dem Fernseher. Vor ein paar Tagen haben wir die Netflix-Serie „Maid“ angefangen zu gucken. Ich muss sagen, dass mich diese Serie als Mutter noch einmal ganz anders berührt, als sie es vermutlich früher getan hätte. Die Hauptrolle flieht mit ihrer knapp 3-jährigen Tochter vor ihrem Partner, der ihr gegenüber psychische gewalttätig war. Mit Kind auf dem Arm rennt sie durch den Wald. Grausam. – Und was tut das Kind? Es schläft! Ja es schläft und schläft und schläft. Im Prinzip schläft es 90% der Zeit, in der es zu sehen ist. Egal was um sie herum passiert, sie schläft! Ich bekomme Aggressionen. Wenn mein 10 Monate altes Kind auch nur halb so viel schlafen würde, wie dieses fast 3-jährige Kind, was hätte ich für ein ruhiges Leben.
Ich hatte keine Ahnung…
Es ist natürlich nicht das Kind in der Serie, das mich aufregt. Es ist die immer währende völlig verklärende Darstellung von Schwangerschaft, Geburt und Elternschaft in Filmen und Serien. Die Schwangerschaft wird dem Zuschauer immer auf die gleiche Art und Weise übermittelt. Die Frau muss ein paar mal kotzen, macht einen Test und der ist positiv. Seltsamerweise hört das Kotzen meist unmittelbar nach dem positiven Test auch schon wieder auf. Dann beginnt die Zeit, in der voller Vorfreude das Babyzimmer eingerichtet wird und ehe man sich versieht geht die Geburt los. Natürlich immer mit einem Blasensprung. Als meine Hebamme mich damals fragte woran ich denn merke ob die Geburt los geht, habe ich gesagt: „Na die Fruchtblase platzt!“ „Das kann sein, muss aber nicht sein. Meist beginnt die Geburt mit Wehen und nicht mit einem Blasensprung.“ Ich sah sie verwundert an, schließlich kannte ich Geburten ja bisher nur aus dem Fernsehen.
Blitzgeburt und rosa Wolken
Kurz nach dem Blasensprung wird die Frau im Fernsehen noch gerade so rechtzeitig ins Krankenhaus gebracht und hält keine 3 Minuten später überglücklich ein super-sauberes-rosiges-glattes Baby in der Hand. Das die Erst-Geburt meist eher 8-10 Stunden und keine 8-10 Minuten dauert wird mal wieder verheimlicht. Dass fast alle Frauen einen Dammriss haben und das Neugeborene meist total schrumpelig und zermatscht aussieht wird verschwiegen. Die Frau im Fernsehen liegt auch nicht im Wochenbett. Wozu auch? Nein sie läuft 3 Tage später ohne Stillprobleme, Babyblues oder sonst was mit dem Baby im Kinderwagen durch die Straßen. Wie soll diese Darstellung dazu führen, dass irgend ein Mensch der selbst noch kein Kind bekommen hat, Verständnis für eine frisch gebackene Mutter mit all ihren Problemen hat?
Von nun an sieht man das Baby eigentlich nur noch schlafend. Denn klar Babys schlafen immer! Die Eltern gehen schnell wieder ihrem gewohnten Leben nach und ich sitze vor dem Fernseh und frage meinen Mann fast minütlich: „Wo ist eigentlich das Kind?“
Lichtblicke mit realistischeren Darstellungen
Hin und wieder gibt es aber auch Lichtblicke in der Darstellung von Mutterschaft im Fernsehen. Gerne erinnere ich mich dabei mal wieder an Miranda in Sex and the city, die ja schon in meiner Schwangerschaft mein Spirit animal war. Unvergessen die Szene in der Steve den kleinen Brady übernimmt und Angst hat ihn umzubringen. Miranda antwortet ihm darauf völlig genervt, dass sie sich doch geeinigt hätten, dass ein paar Tage die Woche sie versucht ihn nicht umzubringen und die anderen Tage er.
Auch in der Serie „Inventing Anna“ fühle ich mich gut repräsentiert. In einer Folge liegt die Hauptdarstellerin am Ultraschallgerät und bekommt das Geschlecht ihres Kindes verkündet. Statt vor Freude zu weinen bekommt sie fast eine Panikattacke. Als ihr Mann sie fragt, was los ist, antwortet sie nur geschockt: „Es exisitiert wirklich!“.
Es gibt also Hoffnung und vielleicht schaffen wir es in ein paar Jahren ja sogar, dass auch Dammriss, Stillprobleme, komplette Übermüdung, Mama-Bore-Out und Co ihren Weg ins Fernsehen finden.