Lange habe ich darauf gewartet, jetzt ist es endlich so weit: Mein Mann hat Elternzeit. Nach acht Monaten, in denen ich die hauptverantwortliche für unsere Tochter war, freue ich mich richtig auf etwas Ruhe, Zeit für mich und vor allem darauf, Dinge zu erledigen, zu denen ich in den letzten Monaten nicht kam. Die Hausrenovierung und der Umzug in die eigenen vier Wände liegen hinter uns. Nun kann also Ruhe einkehren… denke ich.

Endlich Ruhe für Mami?

Mein Mann hat den Luxus, dass wir während seiner Elternzeit beide zu Hause sind. Richtig hart ist es also nicht. Denn jede Mutter weiß wie luxuriös es ist, wenn man nicht alleine mit Baby zu Hause ist. „So ich gehe jetzt in Ruhe kochen und du spielst mit der Kleinen“, sage ich und freue mich meine neue Küche einzuweihen. Endlich einfach Mal in Ruhe kochen! Ohne alle 20 Sekunden durch Babygeschrei unterbrochen zu werden oder das Baby parallel auf dem linken Arm zu schleppen. Ein Traum. Die Kartoffeln sind noch nicht aufgesetzt, da höre ich aus dem Wohnzimmer ein: „Komm wir gucken mal was die Mami macht!“ Ich denke nur: „Nein … das tut ihr nicht.“ Doch noch ehe ich zu Ende gedacht habe, steht mein Mann neben mir. „Guck mal, die Mami macht Kartoffeln!“. Meine Tochter strahlt Richtung Kochtopf. Ich werfe die beiden mit den Worten „Die Mami möchte jetzt ihre Ruhe haben!“ aus dem Raum. Das kann ja was werden in den nächsten Wochen. Eigentlich sollte er dankbar sein, dass ich überhaupt koche, schließlich kümmere ich mich sonst um Baby und Haushalt parallel.

Nach dem mein Mann und meine Tochter noch dreimal nachgeguckt haben „was Mami so kocht“ essen wir endlich. Das heißt mein Mann und ich essen und meine Tochter wirft das Essen durch die Gegend – alles wie immer. Nach dem Essen beauftrage ich ihn zum Spazieren gehen. Die Lieblingsbeschäftigung der meisten Männer in Elternzeit. Nie war es leichter ein Held zu sein. Man muss nur als Vater einen Kinderwagen durchs Dorf schieben. Während ich die Kartoffeln vom Boden wische, ruft er: „Was soll ich dem Kind denn anziehen?“ Ich rolle innerlich mit den Augen und lege ihm Sachen raus. Er zieht sie ihr an und ich erfreue mich in völliger Ruhe die Küche zu putzen. Ich höre nebenbei sogar einen Podcast. Das gab es das letzte Mal in der Schwangerschaft!

„Nimmst du sie mal gerade, ich muss auf Toilette.“ Zack schon halte ich das Kind wieder auf dem Arm. „Ich habe auch niemand, der mir das Kind abnimmt, wenn ich aufs Klo gehe“, rufe ich meinem Mann noch genervt hinterher. „Man kann sie auch mitnehmen …“ Ich bin kurz davor, das Baby einfach zu ihm ins Bad zu setzen und wieder in meine ruhige Küche zu fliehen. Doch dann denke ich daran zurück wie stressig es für mich am Anfang mit dem Baby war und gebe ihm eine Schonfrist

Betreutes einkaufen

Am nächsten Tag will mein Mann einkaufen gehen. „Also da das jetzt Elternzeit ist, müsstest du die Maus eigentlich mitnehmen.“ Er wird kreidebleich. „Ja ich muss sie auch mitnehmen!“, entgegne ich ihm. „Könntet ihr nicht erst-mal zusammen mitkommen?“ Ich sehe all die schönen Dinge, die ich in den nächsten Wochen machen wollte, wie sie Richtung Himmel aufsteigen und davon ziehen. Ich fürchte, mit Me-Time wird es so schnell nichts. Also gehen wir alle zusammen einkaufen. Ich fühle mich ein bisschen wie eine Sozialarbeiterin die mit einer Teenie-Mutter und ihrem Kind einkaufen geht. „Ich hol gerade den Wagen, du kannst ja mit ihr am Auto bleiben“, sagt mein Mann und springt aus dem Auto. Ich steige mit aus. „Nein kann ich nicht. Ich hab sonst auch niemanden.“ Langsam habe ich das Gefühl ich wiederhole mich Tag für Tag. Vielleicht bin ich auch zu hart, schließlich verfolge ich das große Ziel, dass mein Mann zumindest einen kleinen Einblick in den echten Alltag mit Kind bekommt.

Wie ich feststelle, bin ich mit dieser Idee ziemlich alleine. Denn mehr und mehr Familien nutzen die Elternzeit, um in Ruhe durch die Welt zu reisen oder einen schönen Urlaub zu machen. So war es zumindest vor Corona. Ich hingegen habe meinem Mann von Anfang an verboten die Wörter: „Papa-Urlaub“ auch nur in den Mund zu nehmen. Schließlich ist das hier kein Urlaub. Wenn überhaupt ist es ein „Mama-Urlaub“.

Endlich Zeit für mich

Ein paar Tage später habe ich endlich mehrere Stunden am Tag Zeit für mich. Ich fahre morgens mit einer Freundin neue Baby-Klamotten einkaufen, bin mittags zu Hause und lege das Baby schlafen und nutze den Nachmittag um endlich alle zu klein gewordenen Babysachen zu sortieren. Gut früher sah Me-Time auch anders aus, aber ich habe das Gefühl ich schaffe auf einmal in einer Stunde mehr als sonst in 3 Wochen. Mein Mann geht mit seiner Mutter und dem Baby auf den Spielplatz und ist dann mit den beiden bei uns zu Hause im Wohnzimmer. Ich lasse sie alleine.

Nach 3–4 Stunden fährt die Schwiegermutter nach Hause. Ich fühle mich so entspannt wie seit Monaten nicht. Seit langem freue ich mich jetzt richtig mit meiner Tochter zu spielen und bin der ausgeglichenste Mensch der Welt. Mein Mann sieht mich an. Er ist völlig erschlagen: „Es ist so anstrengend! Viel anstrengender als arbeiten … wie schaffst du das nur?“ Ich denke nach. Ein Tag an dem 3 Stunden die Oma da wäre, Mittags mein Mann das weinende Kind zum Schlafen legen würde und um halb 5 mein Mann freudig in Wohnzimmer käme, um sich um das Kind zu kümmern, das wäre schon ein sehr luxuriöser Werktag für mich. Schließlich wäre ich ja nicht wieso sonst Alleinunterhalterin und müsste mir das Weinen vor dem Mittagsschlaf nicht antun …

Es wird!

Die nächsten Tage vergehen und mein Mann kümmert sich wirklich liebevoll um unsere Tochter. Er liest mit ihr Bücher, spielt mit den Bausteinen und empfindet eine sehr große Freude dabei, sie in seine handwerklichen Arbeiten zu integrieren. Während er sie in einem Arm trägt, schraubt er mit dem anderen ein Regal an die Wand. Meine Tochter strahlt ihn dabei an. Wenn sie schon klatschen könnte, würde sie es sicher nach jedem Nagel und jeder Schraube tun. Nun bin ich die, die mit großen Augen daneben steht.

Circa eine Woche nach meinem ersten Versuch entspannt zu kochen, versuche ich es wieder. Ich rolle den Pizzateig aus und höre im Hintergrund wie meine Tochter Richtung Küchentür robbt. „Nein Maus, wir lassen die Mama jetzt in Ruhe! Die haben wir schon oft genug gestört“, höre ich meinen Mann sagen. Ich freue mich, die nächsten 3 Wochen Elternzeit scheinen deutlich entspannter zu werden als die erste.

Mein Mann hat Elternzeit – Zwischen Genie und Wahnsinn

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