Ich sitze beim Geburtsvorbereitungsgespräch im Krankenhaus und beantworte tapfer jede Frage. Krankheiten hier, Krankheiten da. Medikamente, Allergien, das üblich eben. Jeder der schon ein mal im Krankenhaus war, kennt diese Fragen wohl. „Wollen Sie stillen?“ plötzlich wechselt das Thema abrupt. „Ja“, antworte ich. Wobei ich bisher noch nicht mal sicher bin. Ich finde die Vorstellung zu stillen mindestens genauso befremdlich wie die Vorstellung einen Menschen in mir zu tragen. Ich nehme mir fest vor es zu versuchen. Schließlich ist es das beste für das Baby und vielleicht ist es ja ganz normal, wenn man die Anfangshemmung überwunden hat.

„Wollen Sie nach der Geburt mit dem Baby kuscheln?“ Was sind das für Fragen? Noch immer kann ich mir nicht vorstellen ein Baby im Arm zu halten. Ich sage automatisiert „Ja“. Wer würde da auch schon Nein sagen? Ist man dann nicht sowieso direkt eine Rabenmutter?

Ich will mein altes Leben zurück

In der Nacht schlafe ich schlecht. Plötzlich wirkt alles so real. Alle Gedanken kreisen nur noch um das Baby und ich wünsche mir einen Knopf am Körper an dem ich diese Gedanken ausschalten könnte und für 10 Minuten mein altes Leben zurück haben könnte. Ein Leben ohne Gedanken über PDA, Stillen, Coronaregeln im Krankenhaus, Decke oder Schlafsack für die Babywiege. Ein Leben ohne Frauenarzttermine und ohne ständige Schwangerschaftsbeschwerden. Aber dieses Leben scheint es gar nicht mehr zu geben und ich frage mich, ob es überhaupt okay ist, sich danach zu sehnen. Ich beneide inzwischen alle Frauen, die bis kurz vor der Geburt fit sind und die nicht während Corona gebären und deren Gedanken tagsüber mehr abgelenkt werden, wie meine.

Am nächsten Tag kommt die Hebamme. Ich bombardiere sie mit tausenden Fragen die ich mir alle notiert habe und sie beantwortet alle nach und nach ruhig und gelassen wie immer. Danach reden wir über das Wochenbett. „Die ersten 2 Wochen werden einfach anstrengend. Das ist so. Da kann man froh sein wenn man irgendwie zum essen kommt…“, ich bin hin und her gerissen. Auf der einen Seite freue ich mich über ihren Realismus und die unverblümte Darstellung der Situation. Auf der anderen Seite sinkt die Motivation für die Geburt schon ein bisschen. Wenn danach erst mal mindestens zwei Horror-Wochen auf mich warten. „Du bist dann vermutlich die meiste Zeit mit Stillen beschäftigt und dein Mann umsorgt dich.“ Juhu ich werde rund um die Uhr etwas tun, wovon ich keine Ahnung habe, ob ich es mag oder will. Dazu werde ich mich wieder in meiner buddhistischen Gelassenheit meinem Mann und seiner Haushaltsführung gegenüber beweisen dürfen und an Schlaf wird eh nicht mehr zu denken sein. Die letzten Reste die jetzt zum Ende der Schwangerschaft von meinem alten Leben noch übrig sind, werden auch noch verschwinden. Wenn das keine schönen Aussichten sind.

So viele Ängste . . .

In der darauf folgenden Nacht schlafe ich wieder schlecht. Da habe ich mal kein Sodbrennen und keine Rückenschmerzen und kann trotzdem nicht schlafen weil ich spüre wie mir das Leben aus den Fingern entgleitet. Ich habe Angst. Angst, dass ich Stillen nicht toll finden werde. Angst, dass ich nicht die Nerven bewahre wenn das Baby schreit. Angst, dass es mich nicht erfreuen wird stundenlang mit dem Baby au der Couch zu liegen und zu kuscheln, Angst dadurch ein total verhaltensgestörtes Kind groß zu ziehen. Angst, den Kontakt zu meinen Freundinnen zu verlieren, weil ich nur noch am stillen und schlafen bin. Angst vor dem Untergang des Haushalts. Angst vor Streit mit meinem übermüdeten Mann. Angst irgendetwas falsch zu machen. Angst wegen Corona alleine im Krankenhaus zu liegen. Angst das nichts in meinem Leben so bleibt, wie es mal war.

Ich weiß es nicht klug, der Angst so viel Raum zugeben, doch ich denke, es ist auch hilfreich sich mit der Angst auseinander zu setzen. Vermutlich ist es das wichtigste die Angst einfach zu akzeptieren, denn vermutlich sind fast alle Mütter dieser Welt durch diese Ängste durchgegangen, nur redet eben mal wieder niemand darüber.

Schwangerschaftsblog Teil 25 – Angst und Realismus

Ein Kommentar zu „Schwangerschaftsblog Teil 25 – Angst und Realismus

  • 17. März 2021 um 15:55 Uhr
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    Liebe Eva, mach dir keine Sorgen, dass deine Freundschaften verloren gehen, wenn du dein Kind zur Welt bringst. Wenn es einmal eine richtige Verbindung gibt, kann auch weniger Kontakt oder eine räumliche Trennung dem nicht wikrlich etwas anhaben. Vertrau darauf, dass du dein Bestes gibst und das gut genug sein wird. Du wirst dein Kind mit Sicherheit lieben und mit Sicherheit wird es dich auch ab und zu in den Wahnsinn treiben, aber ich bin mir sicher, dass die Liebe siegt 😉 Ich habe großes Vertrauen darein, dass du eine wundervolle Mutter sein wirst! Wenn dein Kopf dich dreht versuch dir nicht das Schlimmste vorzustellen, sondern dein Idealbild, um deine Ängste ein wenig zu beruhigen. Denk an die Dinge, die bisher gut gelaufen sind und all die vielen Dinge in deinem Leben die du bisher gemeistert hast! Auch diese Herausforderung Mutter zu sein wirst du gut schaffen. Nicht perfekt, denn das geht nicht, aber immer gut genug!

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