Ich muss ehrlich gestehen, dass ich mir vor meiner Schwangerschaft keine Gedanken darüber gemacht habe, ob und wie sich das Schwanger-Sein auf meine Freundschaften auswirken könnte. Vermutlich liegt es daran, dass ich vor allem meine besten Freundinnen schon seit Jahren an meiner Seite habe. Egal wo es uns hingetrieben hat, wir waren immer in Kontakt und füreinander da. Und selbst wenn ich sie wegen räumlicher Distanz oder Corona mal monatelang nicht sehe, weiß ich, dass sie wie kleine Engelchen hinter mir stehen und mich auffangen wenn ich falle.
Jetzt bin ich also schwanger und wie man im Blog wohl oft genug lesen kann, selbst immer mal wieder überfordert mit diesem Zustand. Meine zwei engsten Freundinnen haben keine Kinder und ich fühle mich plötzlich ein bisschen wie damals mit 16. Damals war ich die „ohne Freund“. Meine zwei damals engsten Freundinnen hatten etwa gleichzeitig ihre erste Beziehung und redeten ständig davon. Was ja auch kein Wunder war. Schließlich ist die erste Beziehung ein total einschneidendes Erlebnis. Ich saß oft daneben und habe mich gefühlt wie auf einem anderen Planeten. Ich konnte nicht mitreden. Im Gegenteil: Selbst von Liebeskummer geplagt zogen die Gespräche der anderen einfach an mir vorbei.
Wir leben auf unterschiedlichen Planeten
Heute leben wir wieder auf anderen Planeten. Haben andere Sorgen und Ängste. Während ich nachts nicht schlafen kann, weil der Bauch von meinem Baby zu dünn ist und mir die Decke auf den Kopf fällt, weil ich es einfach nicht mehr aushalte auf der Couch zu liegen, sind meine besten Freundinnen im Arbeitsstress. Während ich mich frage, wie mein Gebärmutterhals wieder länger werden könnte, fragen sie sich wie sie ihre Arbeit in der Zeit schaffen sollen und ob sie auf ihrer Arbeit alles richtig machen. Corona hat vermutlich noch einmal ein Brennglas auf die Situation gelegt. Denn Hobbys oder Treffen mit anderen über die man sich sonst gerne unterhält, fallen in großen Teilen aus und über Corona an sich reden kann auch sehr belastend sein.
Öfter mal das Fernrohr raus holen
Wenn meine Freundinnen anrufen und von ihrer Arbeitswelt berichten, versuche ich so gut wie möglich auf sie einzugehen. Oft fällt es mir schwer, weil ich gerade auf dem Baby-Planeten sitze und sie irgendwo auf einem anderen Planeten. Ich versuche mein Fernrohr rauszuholen um mir ihre Sorgen anzusehen. Das gelingt mal besser und mal weniger gut. Irgendwann will ich dann etwas von meinem Planeten erzählen und frage mich ob ich sie damit nicht nerve. Wann ist der richtige Zeitpunkt von Gesprächen über den Chef oder die Überstunden auf Sorgen um das Baby oder Panik vor der Geburt umzulenken? Gibt es den Zeitpunkt überhaupt? Wann ist es okay sie mit diesen Themen voll zu quatschen und wann ist es zu viel?
Das Leben auf zwei unterschiedlichen Planeten kann wirklich anstrengend und nervig sein. Doch wie alles im Leben hat es auch Vorteile. Wenn jeder sein Fernrohr raus holt und rüber guckt erweitern beide ihren Horizont. Beide schaffen es für einen Moment aus dem eigenen Gedankenkarussell auszusteigen und sich ähnlich wie bei einem Kinobesuch ablenken zu lassen.
Als ich letztens mal wieder in meinen Babygedanken versunken war, habe ich meiner Freundin geschrieben und sie gefragt ob sie quatschen will. Sie warnte mich vor, dass sie ihren Frust über die Arbeit los werden wolle und fragte mich ob das okay wäre. Ich war nie so dankbar darüber mein Fernrohr raus zu holen und mich mit ihren statt mit meinen Themen zu befassen wie an diesem Abend. Ich konnte einfach mal 2 Stunden die Schwangerschaft und alle Sorgen vergessen und einfach nur zuhören und da sein, Andersrum bedanken sich meine Freundinnen auch immer mal wieder über die ganzen Schwangerschafts-Infos, die für sie selbst im Leben noch nützlich werden könnten. Sie packen ihr Fernglas aus um mir bei den Berichten von endlosen Schwangerschaftsuntersuchungen und Leiden zu zuhören.
. . . oder auf einen anderen Planeten reisen
Abgesehen davon gibt es ja auch immer noch ganz viele gemeinsame Planeten, die wir zusammen besuchen können, wenn keiner von uns Lust hat, das Fernrohr auszupacken. Planeten, auf denen wir uns schon immer getroffen haben, wenn wir in unterschiedlichen Lebenssituationen waren. Planeten voll mit Gemeinsamkeiten, die auch in einer Schwangerschaft nicht verschwinden. Gemeinsame Werte, gemeinsame Erinnerungen eben alles was uns schon immer verbindet.