Als ich am Anfang so gar nicht mit meiner Schwangerschaft klarkam, wurde mir vor allem von älteren Frauen immer wieder gesagt: „Wenn du das Baby erst mal spürst, dann ist alles anders! Du wirst schon sehen!“

So fand ich mich die ersten drei Monate irgendwann einfach damit ab, nicht klar zu kommen. Scheinbar ist es vor allem im ersten Trimester dann doch noch ein bisschen okay wenn es einem schlecht geht. Schließlich kennen die meisten Frauen die schon ein Kind geboren haben, das Leid der Morgenübelkeit, die sich über den ganzen Tag erstreckt, Kreislaufprobleme und Ekel vor allen möglichen Gerüchen. Das erste Trimester ist für viele kein Spaß. Aber Gott sei Dank kommt ja dann irgendwann die große Wende wenn man das Kind spürt. So wurde es mir suggeriert.

Die ersten Bewegungen…

Nach 18 Schwangerschaftswochen ist es also so weit. Ich stehe im Bad und plötzlich tut sich etwas in meinem Bauch. Es ist seltsam und unagenehm, ein Gefühl dass ich so nicht kenne. Ist wohl das Baby… denke ich und gehe weiter meinem Alltag nach. Ehe es mir plötzlich wie Schuppen von den Augen fällt. Ich habe das Baby gespürt. Muss nun nicht die große Kehrtwende kommen? Die große Freude? In den letzten Wochen habe ich gelernt die Schwangerschaft anzunehmen wie sie ist. „Es ist okay, es komisch zu finden einen kleinen Menschen in sich zu tragen, das hat nichts damit zu tun, dass man sein Baby nicht lieben wird und sich nicht auf die Zeit nach der Geburt freut.“ habe ich mir so lange wie ein Mantra gesagt, bis es mir wieder gut ging.

Wie ein verschluckter Fisch

Ich berichte meinem Mann von den Babybewegungen. „So früh?“ er schaut mich skeptisch an. „Keine Ahnung?!“ sage ich und wir gehen unseren Alltag weiter. Ich bin froh, dass auch er nicht mega euphorisch durch die Gegend hüpft. Am nächsten Tag spreche ich mit meiner Mama-Freundin. „Ich glaub ich hab das Kind gespürt…“ „Oh, wie hat es sich angefühlt?“ „Keine Ahnung, seltsam…“ antworte ich. „Wie wenn man einen lebendigen Fisch verschluckt hat?“ „Ja genau“ „Ah dann war es bestimmt das Baby.“ Ich freue mich, dass sie nicht in Ekstase verfällt. „Hast du vor Freude geweint als du dein Baby gespürt hast?“, frage ich sie und hoffe im tiefsten Herzen, dass sie es verneint. „Ich dachte, ich muss mal auf Klo“, erzählt sie und lacht dabei. „Alle tun so, als wäre es das Größte sein Baby zu spüren“, sage ich frustriert. „Also ich fand es erst komisch und später schmerzhaft“, antwortet sie mal wieder komplett ehrlich.

Es sind wieder alle euphorisch außer mir…

Ich berichte es auch meiner Mutter, die sich vor Freude gar nicht halten kann und noch am Telefon meinen Vater zu sich ruft. „Eva hat das Baby gespürt!!!“ Ich berichte ihr auch von meinen ambivalenten Gefühlen, doch die gehen scheinbar völlig unter. Also lege ich wieder auf und schicke meiner älteren Freundin eine Sprachnachricht. Wir schicken uns jeden Tag Nachrichten und berichten uns was es so neues gibt in unserem Leben. Ich erwähne beiläufig die Babybewegungen und dass ich es komisch fand und gehe dann schnell zum nächsten Thema über.

Kurze Zeit später antwortet sie: „Ohhh du hast das Baby gespürt! Warte nur mal ab bis es größer ist, dann kannst du genau fühlen, was es macht und was für ein Wunder in dir heranwächst! Es ist so ein Wunder!“ Ich möchte das Telefon nehmen und aus dem Fenster schmeißen. Und was wenn es sich nie so anfühlt? Was wenn es für mich kein Wunder ist? Draußen laufen unendlich viele Menschen herum, Tiere pflanzen sich fort, es ist eigentlich das normalste überhaupt und für mich kein „Wunder“. Ich merke, dass ich ein neues Level erreicht habe. Bis zu den Babybewegungen die Schwangerschaft nicht abzufeiern ist wohl noch okay, aber spätestens jetzt MUSS man sich doch über das WUNDER freuen.

Mütter ohne Freudentränen haben keine Community

Zum Glück habe ich mich genug mit Coaching beschäftigt, um zu wissen, dass ich gar nichts MUSS. Es ist alles okay, so wie es ist. Ich google und finde heraus, dass ich nicht alleine bin. Viele Mütter finden es nicht so toll schwanger zu sein, nur haben die in Zeiten von angemalten Baby-Bäuchen, Kinderzimmer-Hauls, Gender-Reveal-Partys und Co einfach keine gute Community. Ich mein, wenn ich an die Zukunft denke, freue ich mich auf mein Baby, stelle mir vor wie wir Zeit mit ihm verbringen und wie es die Welt erkundet, wie es die kleinen Bodys anhat, die ich schon gekauft habe, doch trotzdem machen mir die Gedanken an einen wachsenden Bauch, die Geburt und einem Menschen der sich in mir dreht eher Angst- als Freudentränen.

Am nächsten Abend sind meine Eltern, mein Mann und ich bei der Schwiegermutter zu Gast. Sie hat für alle gekocht. Nach dem Essen sitzen wir auf der Couch. Wegen Corona lüften wir trotz kalter Außentemperaturen und frieren alle ein bisschen. Als es kurz ruhig wird und die Gespräche versiegen ruft meiner Mama voller Freude: „Die Eva hat das Baby gespürt“, ich glaube ich werde wahnsinnig. Meine Schwiegermutter hat fast schon Tränen in den Augen. Wieso ist das mit den Babybewegungen so ein großes Ding? Ich verstehe es nicht und kann es auch jetzt (in der 28. Schwangerschaftswoche) noch nicht verstehen.

Schwangerschaftsblog Teil 7 „Wenn du das Baby erst mal spürst…“

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