Bevor ich schwanger wurde, war für mich immer klar, wenn ich schwanger werde, will ich auf jeden Fall das Geschlecht so schnell wie möglich wissen. Dann wurde ich schwanger und lief viele Wochen mit einem Baby im Bauch herum, von dem ich das Geschlecht nicht kannte. Nach circa 12 Wochen ging ich das erste mal nach Babykleidung gucken. Ich war stolz auf mich, war ich doch inzwischen so weit gekommen, dass ich sogar nach Babykleidung gucken konnte ohne dass es für mich total alien-mäßig war.

Direkt gegenüber meiner Gynäkologin ist glücklicherweise ein Second-Hand-Shop. Wieso auch Sachen neu kaufen, wenn es genug gebraucht gibt. Das ist günstig, ökologisch und die Schadstoffe sind auch schon raus gewaschen. Da stand ich nun also vor einer Reihe mit Babysachen. Mal wieder völlig ahnungslos. Wieso haben manche Bodys Beine und andere nicht? Welche Größe braucht so ein Baby überhaupt? Wie viel braucht man davon? Ich beschloss bei der kleinsten Größe anzufangen. Schon süß solche winzig kleinen Kleidungsstücke. Aber wieso gibt es genau drei Arten von Babykleidung: Die für Mädchen in rosa oder mit Glitzer und Rüschen, die für Jungs in blau, grau, schwarz oder mit Traktoren, Monstern und Autos und die genderneutrale die einfach nur langweilig weiß oder grau ist. Wo sind denn all die gelben, grünen, orangenen, roten und türkisen Sachen die es in den 90ern, als ich klein war, gab? Wieso ist das alles so gegendert?

Von Schranken im Hirn und gegenderten Spucktüchern

Traurig nahm ich ein grau-weiß gestreiften Body mit Osterhase drauf. Für die Eltern die sich der rosa-blau Welt entziehen wollen bleibt ein farbloser Rest. Dazu kaufte ich ein paar rosa Socken mit Marienkäfern drauf. „Und wenn es ein Junge wird?“, dachte ich plötzlich und überraschte mich selbst mit solchen Gedanken. Wieso haben wir keine Hemmungen einem Mädchen blau und schwarz und Monster und Roboter anzuziehen, haben aber immer noch Hemmungen einen Jungen etwas rosafarbenes anzuziehen? Dabei war rosa einst die Farbe der Königssöhne. Ich ärgerte mich selbst über die Schranke im Kopf und beschloss, dass auch unser Junge, sollten wir einen bekommen, rosa Socken aushalten kann. Schließlich musste ich meine ganze Kindheit in den abgelegten LKW-Unterhemden meines Bruders herumlaufen.

Nach ein paar Tagen suchte ich im Internet nach etwas unverfänglicherem: Spucktücher. Scheinbar braucht man davon viele, so sagt es zumindest meine Internetrecherche. Wieso also nicht damit anfangen. Also gab ich „Spucktücher“ bei Mamikreisel ein. Als ich das Suchergebnis sah konnte ich meinen Augen nicht trauen. Die Spucktücher waren schön unterteilt in „Spucktücher für Jungs“ und „Spucktücher für Mädchen.“ Als wäre es einem Kind nicht scheiß egal ob es auf einen rosanen Elefanten oder auf ein blaues Auto kotzt. Ich brodelte innerlich. „Am besten lassen wir uns das Geschlecht einfach nicht sagen!“, schlug ich meinem Mann vor. „Wieso? Ich brauche wenigstens irgendetwas, auf das ich mich einstellen kann“, er sah mich verzweifelt an. „Weil wir dann gefangen sind! Gefangen in der Genderhölle!“ entgegnete ich ihm.

Schwangerschaftsblog Teil 5- Gefangen in der Genderhölle

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