Es ist soweit, der erste Frauenarzttermin steht an. Ich habe Glück und darf meinen Mann trotz Corona mitnehmen. Nun ja was heißt mitnehmen. Während ich bei über 30 Grad mit Maske im Wartezimmer sitze, muss er wie ein kleiner Hund vor der Praxistür warten und darf dann nur zur Untersuchung mit rein. Aber ich bin froh, dass es überhaupt geht.
Im Behandlungsraum guckt mich schon der Freund aller Frauen an, der Frauenarztstuhl. Sicherlich gibt es kaum eine Frau die irgendetwas positives mit diesem Möbelstück assoziiert. Nach der Untersuchung, bei der man wahnsinnigerweise sogar schon das Herz schlagen sieht, steht das Gespräch an.
Krankheiten über Krankheiten…
Die Gynäkologin ist sehr nett und liebevoll. Sie drückt uns einen Flyer in die Hand. „Es ist wichtig, dass sie sich schnell darüber klar werden, welche Untersuchungen sie alle machen lassen wollen… Auch bezüglich möglicher Behinderungen“. Es geht noch ein paar Minuten weiter um Untersuchungen, Krankheiten und Trisonomietests. Als wir rausgehen glüht mir der Kopf vor Hitze, Sauerstoffmangel und den vielen schweren Themen. Wenn man sich das Heftchen so durchliest, scheint die Wahrscheinlichkeit ein gesundes Baby zu bekommen gegen 0 zu gehen. Und das sind ja nur die Krankheiten, die man vorher heraus finden kann, oder mit denen die Mutter das Kind anstecken kann. Wie Toxoplasmose, Listeriose, Ringelröteln, Röteln und was weiß ich nicht alles. Klar kenne ich die ganzen Krankheiten aus meiner Ausbildung, aber sie dann noch einmal in so einem tollen Flyer, aufgelistet zu sehen ist doch eher verstörend.
In zwei Wochen gibt es dann schon wieder den nächsten Termin, damit der Geburtstermin richtig bestimmt werden kann, sind scheinbar diese ständigen Termine nötig. Ich hab überhaupt keine Lust auf den nächsten Termin. Kann das Baby nicht einfach in Ruhe vor sich hinwachsen? Und dann natürlich noch einen Termin fürs Labor. Schließlich müssen der Rhesusfaktor, der Hb-Wert und was weiß ich nicht alles bestimmt werden.
Schwanger in Afrika
Zum Glück bin ich am nächsten Tag durch das Lerntreffen via Skype mit meiner Lernpartnerin abgelenkt. Ich berichte ihr von meinem Frauenarztbesuch. Sie hat jahrelang in einem Labor in Afrika gearbeitet. Sie schaut mich entsetzt an: „Es ist unglaublich, was hier für ein Aufwand betrieben wird, in Afrika bekommen die Frauen einfach ihr Baby. Eventuell muss man eine HIV-Prophylaxe mit dem Kind machen, aber mehr wird da nicht gemacht…“
Am Abend komme ich ins Grübeln. Sicher ist es gut, dass wir hier eine bessere medizinische Versorgung als in Afrika haben, und sicher ist die Kindersterblichkeit hier auch um einiges geringer, aber würde uns ein bisschen afrikanische Gelassenheit nicht auch ganz gut tun?
Mein Mann und ich entscheiden uns schließlich gegen die ganzen Sonderleistungen und bleiben bei den Kassenleistungen als Vorsorge. Das Baby kommt wie es kommt und wir wollen uns nicht schon jetzt völlig kirre machen.