Wieso es eigentlich gar keinen Grund gibt sich aufzuregen, wir es aber trotzdem tun – Lebensweisheiten aus meiner Kindheit Teil 3
Als Kind kam ich immer wieder zu meinem Eltern gerannt und habe mich über Dinge aufgeregt. Zum Beispiel darüber, dass die 4 im Aufsatz total ungerecht ist, oder dass der Zug mal wieder zu spät gekommen ist, oder dass meine Freunde alle einen tollen Fernseher mit Satelittenschüssel-Anschluss im Kinderzimmer haben und ich nicht.
Meine Eltern übten sich dann meist in stoischer Gelassenheit und vor allem mein Vater reagierte immer wieder mit dem Satz „Reg dich doch nicht so auf!“ auf den ich häufig mit dem Satz „Ich will mich aber aufregen“ antwortete.
Mein Vater hingegen perfektionierte das „Sich-Nicht-Aufregen“ immer weiter. So wurde der Satz „Bevor ich mich aufrege ist es mir lieber egal“ zu seiner Maxime.
Die Freude und der Sinn am Aufregen
Zugegebenermaßen liegt auch eine gewisse Freude darin, sich über Dinge aufzuregen. Man lässt seine Emotionen heraus, hat ein Gesprächsthema und sich im besten Falle mit anderen zusammen gemeinsam aufregen. Ein Hobby, das gerade unter uns jungen Mädels sehr beliebt war. Sich gemeinsam über etwas aufzuregen führt schließlich dazu, sich mit anderen verbunden zu fühlen. Man weiß sie im Kampf gegen die Ungerechtigkeit auf seiner Seite und fühlt sich gemeinsam stark.
Hinzu kommt, dass es durchaus sinnvoll sein kann sich über etwas aufzuregen, vor allem dann wenn die Konsequenz am Ende darin besteht, dass man sein Handeln in Zukunft ändert. Wenn ich beispielsweise zum Strand fahre und meinen Bikini vergessen (und nicht nackt schwimmen möchte) kann ich nicht baden gehen. Wenn ich mich nun gehörig über meine Vergesslichkeit aufrege, werde ich mir zwar den Tag versauen, aber beim nächsten Mal mit einer höheren Wahrscheinlichkeit an den Bikini denken.
Wieso es trotzdem meistens sinnlos ist sich aufzuregen
Gerade wenn man sich immer wieder über die selben Dinge aufregt, merkt man nach einiger Zeit, wie diese kleinen blöden Dinge zu Energiefressern werden. Man verbringt immer mehr Zeit damit sich aufzuregen und weniger Zeit mit der wichtigsten Fragen, die man sich stellen sollte:
Kann ich die Sache ändern?
Wenn ich die Sache ändern kann, brauche ich mich nicht mehr aufzuregen, ich habe es schließlich selbst in der Hand. Mein Auto springt nicht mehr an und ich rege mich auf? Was soll es ? Ich kann gleich in der Werkstatt anrufen und einen Termin ausmachen.
Doch was ist wenn ich die Sache nicht ändern kann?
Es gibt wenige Dinge die lassen sich einfach nicht ändern. So habe ich z.B. nur begrenzt Einfluss auf das Verhalten meiner Mitmenschen. Ein Beispiel: Mein Chef macht mich jeden Tag zur Sau, egal wie sehr ich mich bemühe und wie nett ich zu ihm bin. Ich kann die Situation also nicht ändern. Doch mir bleibt mir immer noch die Möglichkeit meine Einstellung zu ändern. In dem ich mir sage: „Bevor ich mich aufrege ist es mir lieber egal“
Oder wie meine Burnout-Dozentin meinte „Die Scheiß-Egal-Haltung ist die beste Burnout-Prophylaxe“ und nicht nur das. Auch die Wahrscheinlichkeit einige Krankheiten wie z.B. einen Herzinfarkt oder ein Magengeschwür zu erleiden, sinkt.
Nicht umsonst lautet ein weit verbreitetes Zitat:
Gott, gib mir die Gelassenheit, Dinge hinzunehmen, die ich nicht ändern kann, den Mut, Dinge zu ändern, die ich ändern kann, und die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden
(Reinhold Niebuhr)
Die Gefahr des „Nicht-Aufregens“ – die eigentlich keine ist
Die Gefahr des „Nicht-Aufregens“ besteht also letztlich darin, dass es passieren könnte, dass meine Motivation die Situation zu verändern sinken könnte.
Wenn mir das Fehlen des Bikinis also egal ist, denn „Bevor ich mich aurege ist es mir ja lieber egal“ steigt vermutlich die Wahrscheinlichkeit, dass mir das selbe nochmal passiert.
Doch auch das ist keine Gefahr, denn ich werde mich ja nicht darüber aufregen und den Tag trotzdem genießen.
Letztlich ist es also wie immer die Einstellung, die den Unterschied macht
Praxistipp:
Die Frage, ob ich eine Situation ändern kann oder nicht, stellt sich nicht nur beim Aufregen sondern auch beim Sorgen machen, wie es in dem kurzweiligen Video gezeigt wird.