Wieso uns das Handy in ständige Alarmbereitschaft versetzt und was die holländische Bürgerwehr damit zu tun hat
Schon in meinem letzten Blogartikel schrieb ich über die grundlose Panik und die vermeintliche Sicherheit die uns das Handy gibt. In dem es wie ein Schutzschild vor uns steht:
Wenn uns etwas passiert, können wir Hilfe rufen. Wenn jemand anderem etwas passiert, können wir zur Hilfe eilen und wenn auf der Welt etwas dramatisches passiert, werden wir auch informiert. All das gibt uns ein Gefühl von Sicherheit.
Ein Teil dieser Sicherheit ist natürlich völlig gerechtfertigt. Sicher können wir mit dem Handy schneller Hilfe holen als ohne, was im Notfall Leben retten kann! Und wir werden auch früher informiert, was im Notfall ebenfalls Leben retten kann (so warnt z.B. die App Katwarn vor Unwettern, Bränden oder Erdbeben). Das ist auf einer Seite total super, weil wir sicherer sind und sorgt auf der anderen Seite auch dafür, dass wir in ständiger Alarmbereitschaft sind.
Wenn dann wirklich mal etwas passiert, rasten wir kollektiv aus und steigern uns gegenseitig in unsere Panik. Wie es etwa vor ein bis zwei Jahren der Fall war, als vermeintliche „Attentate“ am anderen Ende von Deutschland oder sogar vom anderen Ende der Welt, plötzlich so viel Aufmerksamkeit von jedem bekamen, als wären sie direkt vor der eigenen Haustür von statten gegangen.
Nicht die Welt wird immer schlimmer – unsere Wahrnehmung hat sich verändert
Man hat das Gefühl die Welt wird immer unsicherer und unsicherer. Doch ist das wirklich so? Oder erfährt erfährt man nur viel schneller von dramatischen Dingen als früher. Und bewertet man diese Dinge heute anders als früher? Wenn früher auf Seite 6 in der Bad Emser Lokalzeitung stand, dass z.B. in Berlin ein Mann in einem Zug erstochen wurde, überflog man die Seite und beschloss: Das ist weit weg. Also las man als nächstes tiefenentspannt die Sportergebnisse des regionalen Fußballclubs.
Es ist ja auch irgendwie logisch, wenn man immer in Erwartung eines Alarms ist, dann wird auch schnell etwas als Alarm fehl gedeutet was uns überhaupt nicht unmittelbar gefährdet. Denn es muss ja was passiert sein, sonst würde das Gehirn ja nicht ständig darauf warten.
Was hat jetzt die holländische Bürgerwehr damit zu tun?
Schon an unserem ersten Tag in Holland fielen mir sehr seltsame Schilder direkt unter den Ortseingangsschildern kleinerer Orte auf. Im Vorbeifahren erkannte ich nur das WhatsApp Symbol wusste aber nicht genau was es damit auf sich hat. Warnt man sich hier gegenseitig vor Blitzern? Oder soll das Schild darauf hinweisen, beim Autofahren kein WhatsApp zu nutzen?
Erst als ich die Gelegenheit hatte die Schilder genauer zu analysieren, erkannte ich den Inhalt. Diese Hinweisschilder sollen Einbrecher vor der ortsansässigen Bürgerwehr, die wohl per WhatsApp organisiert ist, warnen. Okay wenn so ein Schild vielleicht in einem Ort hängt, in dem früher viel eingebrochen wurde, und sich nun eine „Bürgerwehr“ gegründet hat, dann macht das Schild vielleicht noch irgendwie Sinn?!? Dachte ich mir anfangs.
Doch je weiter wir fuhren desto mehr Schilder sahen wir. In manchen Gebieten hing in jedem Ort ein solches Schild. Nun frage ich mich
- Gibt es dort wirklich überall eine Bürgerwehr?
- Hat so ein Schild jemals nachweislich etwas gebracht?
- Ist der Schutz der eigenen Sicherheit nicht eigentlich die Aufgabe der Polizei?
- Wie viele Menschen haben auf einmal Angst vor Einbrechern, die vorher nie irgend einen Bezug zu diesem Thema hatten?
Wobei wir letztlich wieder bei der eigentlichen Frage sind: Ist es uns die „vermeintliche“ Sicherheit wirklich wert, dass wir ständig in Panik sind?